Waren das noch Zeiten als Fußballländerspiele im öffentlich-rechtlichen Fernsehen übertragen wurden und nach Spielende wirklich Schluss war. Lediglich einige Stimmen der beteiligten Akteure bildeten eine Art Abspann. Dann war man mit seiner Freude oder seinem Ärger, je nach Spielausgang, alleine, Diese zu teilen, ob im Familienkreise oder in seiner Stammwirtschaft blieb jedem überlassen. Ob man sich vor Spielbeginn medial vorinformieren wollte, konnte man locker selbst entscheiden. Heute kann man sich diesem jedoch kaum entziehen, zu mächtig und zeitfressend sind die vielseitigen Infoblöcken sowohl bei den Öffentlich rechtlichen als auch bei den Privaten. Dort wird dann inzwischen peinlich darauf geachtet, dass die zur Hilfe gerufenen Expert*innen gendermäßig gerecht verteilt sind, auch bei Männerspielen. Da hat es sich doch als sehr hilfreich herausgestellt, dass die Männer auf ihren Trikots inzwischen vier Sterne tragen. Die Vertretung der Kategorie divers ist noch nicht überzeugend gelungen. Wie auch immer, man sollte aber aus gerechtigkeitsgründen von vorherein gewarnt sein, dass Männer irgendwann in naher Zukunft den Anspruch erheben, auch Synchronschwimmen oder rhythmische Sportgymnastik zu kommentieren.
Wer es sich dennoch antut, um ja nichts zu verpassen trifft in unterschiedlicher Kombination auf verschiedene Fußballrentnerinnen und -entner, die sich beim Fernsehen noch ein Gnadenbrot verdienen. Und wer Früher sowohl Michael Ballack als auch Bastian Schweinsteiger wegen ihrer Kämpferqualität bewundert hat, leidet nun mit, wie diese mit den Worten kämpfen und außer ein paar Verlegenheitspässe oder falschen Einwürfen wenig Förderliches zustande bringen. Eine echte Alternative bietet vielleicht noch das Kommentatoren Paar, Lothar Matthäus und Julia Simic, allerdings aus einem anderen Grund. Während der langjährig geübte Dampfplauderer Lottr mit fast unbeweglicher Miene Satz für Satz aus dem Munde schleudert, hampelt die kleiner Simic neben ihm sichtbar darauf wartend bis ihr Vorredner endlich zu Ende ist, um ihn denn mit wieselflinken Worten zu überholen. Da diese Paarung anscheinend mehrere Hin- und Rückspiel hat, steht das Endergebnis noch aus.
Wer es schafft, sich diesem Geplänkel zu entziehen – und das erreicht man am besten, wenn man den Fernseher vor dem offiziellen Spielbeginn für einige Stunden ausschaltet – und sich auf einen ruhigen begleitenden Spielkommentar freut, wird schnell enttäuscht. Inzwischen scheint es üblich zu sein, dass man die Fußballrentner nicht mehr in den Gnadenhöfen der Vor- und Nachberichte zusammenzieht, sondern ihnen ein Mitspracherecht bei der Reportage des aktuellen Spiels einräumt. So spielen sich zwei Kommentatoren des Spielgeschehens den Ball zu, nicht den realen, sondern einen verbalen zusammengeschustert aus einem Neben Blick auf das aktuelle Geschehen mit einem Übergewicht auf historische Fakten eigene Erlebnisse von damals und einer gegenseitigen Frotzelei. Eigentlich genügen Sie sich selbst und wann sie etwas zum Spielgeschehen selbst sagen, haben sie, kommunikationstheoretisch formuliert, ein anderes Narrativ. Man kann es auch schlicht und einfach als Aufforderung al a Loriot fassen:
Quatschen Sie mir nicht ins Spiel!!