Brettl-im-blog-Feuilleton

Renaissance und Revolution zugleich auf dem Theater

Heinz-Christian Strache hat sich bis zum 19. Mai 2019 in seiner Rolle als Vizekanzler der Republik Österreich, also einer demokratischen Staatsform, nicht nur als Charakterdarsteller versucht, sondern nun auch als Theater-Autor und Regisseur. Dass ein Schauspieler ein eigenes Stück schreibt und dann auch noch inszeniert, selbstredend mit sich selbst in der Hauptrolle, ist an sich nichts Neues in der Theaterwelt und in dem allgemeinen Repertoire von Narzissten.

Doch er hat weit mehr erreicht, er hat die Welt des Theaters sowohl einer Renaissance unterzogen als auch gleichzeitig revolutioniert, ein Widerspruch, den nur wahre Giganten hervorzubringen vermögen.

Wie war dies möglich? Er hat die Welt der mittelalterlichen Burleske wiederentdeckt, sie inhaltlich mit dem Genre des Schurkenstücks und mit modernen Theaterformen verknüpft, wie z.B. dem Living Theater. Das heißt: im Grund genommen hat er die Theaterklassik, die sich den höfischen Intrigen zuwandte, wieder auf den Boden gestellt, indem er sie in die Realität verpflanzt und damit miterlebbar gemacht hat. Unterstützt hat er dieses Ziel mit der Wahl der Sprache und zwar einem äußerst breiten Dialekt und einer entsprechenden Ausdruckweise. Damit hat ein wesentliches Kriterium für eine Burleske erfüllt und zwar das einer grotesken vulgären Sprache. Ein weiteres Kriterium, und zwar die anarchische Freude an einer Regelverletzung, bedarf einer gründlichen Überprüfung. Ist die Korruption – im konkreten Fall Geld und publizistische Unterstützung der FPÖ gegen spätere überteuerte Staatsaufträge z.B. beim Autobahnbau – eine Regelverletzung – dann ist auch dieses Kriterium erfüllt – ist dies aber nicht so: Armes Österreich!

Laiendarsteller als ein wichtiges Element der Burleske ist in diesem Falle nicht von zentraler Bedeutung, da das Living Theater das Gekünstelte überwinden möchte. Das bedeutet jedoch nicht, dass man die Wirklichkeit schlicht direkt auf die Bühne bringt, wie in Straches Stück. Dessen Rollen sind leider lebensecht. Das gilt für die des Chefs, also Strache selbst, als auch für die seines Vasallen Gudenus, der einst Leibfuchs von Strache in einer studentischen Verbindung war. Nicht nur der Bierzipfel hat sie verbunden es war noch mehr und das nicht nur der Champagner oder der Schnaps.

Die Konzentration der Burleske auf die niedrigen Schichten ist in Straches Inszenierung umstritten. Was gilt hier, die Herkunft oder die durch alle Mittel z.T. schon erfolgreich ergatterte gesellschaftlich Stellung.

Vieles spricht dafür, dass Strache eine neue lebendige Form des Volkstheaters kreiert hat, auch wenn das Volk, für das dieses Stück geschrieben wurde, letztlich darunter zu leiden hat. Vielleicht ist es gut, dass man, wenn man nicht den entsprechenden Dialekt und die Sprechkultur beherrscht, das Stück nicht versteht. Doch die zur Hilfe eilenden Untertitel wecken die Neugier auf eine Übersetzung und vor allem auf eine Übertragung dieser Kunstform auch auf Deutschland.

Solch literarische Erneuerungen vollziehen sich meist in Wanderbewegungen. Insofern ist Bayern (beim Wandern übrigens noch ohne Maut) als erstes Bundesland bedroht, wenn man diese Entwicklung dort überhaupt als Bedrohung wahrnimmt. Wenn doch, kann man Horst Seehofer nur raten, die Grenze zu Österreich dicht zu machen und auch den Deckel nicht atmen zu lassen, denn Kunst, wie wir sie auch immer beurteilen, verbreitet sich mit jedem Atemzug. Zur Not reicht es auch, den Nockherberg durch eine Trumpsche Mauer zu sichern.

Neue Stücke führen selbstverständlich immer gleich zu Überlegungen, wer von den bekannten Akteuren, welche Rolle darin spielen könnte. Bei der Bayern ist das Repertoire von Söder bis vor allem Alexander Dobrindt (ausschließlich als Vasall) relativ groß. Auf der Bundesebene kommt man allerdings ins Zaudern. Zweifellos hat AKK die größte Bühnenerfahrung. Sie den Strache in der weiblichen Ausführung spielen zu lassen, liegt auf den ersten Blick allerdings zunächst so weit weg, wie man Sascha Hehn nicht die Rolle eines skrupellosen Mörders abnehmen würde oder der Mutter Beimer die einer raffinieren Betrügerin.

Doch, wo wahre Talente schlummern, sind die in der Lage, über sich hinauszuwachsen. Bis demnächst in diesem Theater!

Und als satirisches Postskriptum: wenn man das Ganze unter einer höheren geopolitischen Perspektive gesehen hätte, wie Klaus Stuttmann, hätte man sich den halbseidenen Skandal ersparen können.

Also, bleibt Deutschland doch Vorbild in Europa!

Quelle: www.stuttmann-karikaturen.de/7074

Was darf Satire?

Eine Anmerkung vorweg: Für mich ist die Satire oder die Komik, oder der Humor immer ein integrales Thema meines Blogs. Das hat einen einfachen Grund:

Leute, die in der Wissenschaft arbeiten oder so tun, stellen sich immer wieder die Frage, wie das, was sie tun, eingeordnet werden kann. Man nennt solch ein Vorgehen nicht Zeitverschwendung, sondern Reflexion. Das kostet aber doch einiges an Zeit, die denen einen Vorsprung ermöglicht, die sich solche Gedanken nicht machen, sondern einfach tun. Nun tue ich einfach auch: Gleich loslegen und zwar mit einem Briefentwurf.

Lieber Herr Erdogan,

lieber Herr Kim,

lieber Herr Trump

liebe alle anderen, die Sie als Staatenlenker solche Auffälligkeiten gezeigt haben, dass Ihnen nach deutschem Rechtsverständnis eigentlich beim TÜV ein Eignungstest zum Führen eines Landes, das größer und wertvoller ist als ein Auto, drohen müsste. Eignungstest, so wird der Test, der im Volksmund anders lautet, formal richtig bezeichnet.

Ich komme heute mit der Bitte zu Ihnen, um mir Ihren Rat einzuholen. Wie und mit welchen Mitteln darf ich Sie beschimpfen, damit Sie mir drohen, aber mir konkret nichts antun, da ich nicht mehr fliehen möchte, weil ich nicht mehr ganz so gut zu Fuß bin? Ein Beschimpfen und eine Klage würden schon ausreichen, um meinen Bekanntheitsgrad in der Öffentlichkeit zu steigern und alle, die es mit der Freiheit von Kunst ernst meinen, auf meine Seite zu bringen, ob sie es wollen oder nicht.

Die bösen Schimpfworte, die Jan Böhmermann benutzt hat, kommen mir nicht von den Lippen, sie fließen mir auch nicht aus der Feder und die Tasten meines PCs sperren sich dagegen. Daran sind meine frühen Erfahrungen schuld. Meine Mutter bestrafte mich heftig, als sie einmal darüber informiert wurde, dass ich einem anderen Jungen üble Schmährufe nachsandte – es handelte sich um die Reduzierung der gesamten Person auf die untere Rückseite des Körpers, aus dem etwas ausgesondert wird, das wir ebenfalls als Schimpfwort benutzen, also ich meine den rein entwicklungsgeschichtlich betrachtet Urmund der Tiere  – das sollte nie in Vergessenheit geraten.

Komisch, dass ich mir gerade das noch aus meinem Biologieunterricht gemerkt habe. Komisch: Deshalb bin ich auch in die Nähe des Komischen gerückt, ohne allerdings mit solchen wie Oliver Pocher verwechselt zu werden, der in einer Hannoverschen Schule einst versucht hat, weil ihm anscheinend die anderen Mittel fehlten, als Klassenclown geliebt zu werden. Da jedoch keiner über seine Scherze gelacht hat, hat er sich zum Leidwesen der Klasse und später auch der Öffentlichkeit schlicht darauf verlegt, ebenso schlicht zu provozieren, wenn er nicht gerade dabei war, mit einer Frau anzubändeln, die berühmt wurde, weil sie zuvor mit einem etwas berühmteren Mann liiert war. Ach, hätten die Klassenkameraden doch damals wenigstens so getan als würden sie ihn lustig finden.

Ich bin denke ich abgeschweift. Sagen Sie mir zum Schluss bitte, was ich tun muss, dass Sie sich wenigstens soweit öffentlich über mich erregen, dass ich ebenso öffentlich wahrgenommen werde. Sonst drehe ich den Spieß um und mache es wie Pocher und Böhmermann und verklage Sie, weil Sie meine Satire nicht lustig finden. Wie finden Sie das?

PS. Hier hoffe ich dass Sie nicht über mich lachen, sondern mich ernst nehmen!

Satire sollte jedoch ihre Wurzel nicht leugnen, die im Witz und in einem bestimmten Maße im Humor liegen. Das heißt, nicht im Glashaus zu verharren und nur auf andere Steine zu werfen, sondern sich selbst auf eine witzige Weise in Visier zu nehmen. Dass der nun nachfolgenden Beitrag gerade an dieser Stelle Platz findet, ist reiner Zufall.

Bekenntnis eines praktizierenden Hypochonders.

Für mein Leben gern gehe ich in Ärztehäuser.

Im Grunde genommen war es nichts Besonderes, als ich morgens pünktlich um 8 in der obersten Etage bei einem Hals-Nasen-Ohrenarzt anfing, um dann abends kurz nach 19 Uhr vom Psychiater im Erdgeschoss hinauskomplimentiert zu werden, nachdem ich zuvor in der zweit obersten Etage bei einem Internisten vergeblich nach den wahren, wohl aus falsch verstandener Rücksichtnahme von dem ersten Arzt verschwiegenen schwerwiegenden Ursachen für mein Leiden forschen ließ und danach nach einem kurzen Zögern auf der Etage des Frauenarztes „ob es nicht doch sinnvoll wäre…“ eine weitere Etage darunter von dem Urologen relativ schnell mit der Begründung verabschiedet wurde, er könne wirklich nichts finden, was bei mir zu untersuchen wäre und der darunter liegende Kinderarzt sich geweigert hat, mich überhaupt anzusehen, obwohl ich googel-gestützt ausdrücklich auf die Gefahr von Kinderkrankheiten vor allem für ältere Menschen verwiesen habe. Mir klingt immer noch die gemurmelte Begründung des Psychiaters in den Ohren. Es hörte sich so an wie „kindliches Trauma von Nichtbeachtung“. War dies nur leise gemurmelt oder habe ich ihn einfach akustisch nicht verstanden.

Ich denke, morgen beginne ich beim Hörakustiker.

Endlich: Eine erfreuliche Nachricht zum Brexit

Nachdem wir über eine lange Zeit immer nur klagen und den Kopf schütteln konnten über den quälend langen Prozess des Brexit, kommt nun endlich wieder einmal eine erfreuliche Nachricht. Wer könnte ein besserer Bote sein als Klaus Stuttmann in seiner eigenen wohl elaborierten Sprache:

www.stuttmann-karikaturen.de/karikatur/7034

Ein Kommentar

  1. Einmal Lesen und dann abspeichern hat den entscheidenden Nachteil, dass es zumindest bei mir meist im Bermuda-Dreieck meines PCs entschwindet. Deshalb habe ich diese besonders gelungene Ausgabe des Brettls im Blog ausgedruckt, um sie erstens altmodisch zu lesen und zweitens an meine Freunde weiterzureichen.
    Glückwunsch und weiter so!

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