SatirSpiegel im brettl-Format vom 17. März 2018

Na endlich: Es ist vollbracht! – Die GroKo ist da
(
Oder: Mit einer neuen Regierung fühle ich mich schon viel besser)

 

Mensch, wir waren 171 Tage ohne Regierung. Haben Sie dies bemerkt? Irgendwie bin ich morgens immer aufgewacht und hatte so ein komisches Gefühl. Da fehlt doch was. Zuerst dachte ich, es liegt an der neuen Teesorte, die ich mir gekauft hatte. Jetzt ist mir alles klar, die hatte ich ja im Grunde genommen, so rein juristisch, ja nur geschäftsführend getrunken. Aber jetzt ist wieder alles in Ordnung. Nur, an die Namen der neuen Ministerinnen und Minister muss man sich noch gewöhnen. Und an die Gesichter auch. Na ja, einige neue Minister haben ihre alten Gesichter behalten wie der Horst Seehofer und andere haben sich schon früh in Position gebracht wie der Andreas Scheuer, der in den letzten Monaten auf allen Fotos zu sehen war, die Seehofer zeigten. Und der Jens Spahn, der gleich nachdem der Koalitionsvertrag unterzeichnet war, die Hartz IV-Empfänger beruhigte, dass sie ja keinen Hunger zu haben brauchten. Und schon gab es auch die erste deutliche Hilfestellung für die Satiriker, als Seehofer darauf verwies, dass er für die Einrichtung eines Heimatmuseums gesorgt habe. Eine bessere und in dem Bewusstsein der Bevölkerung nachhaltigere Konzeption für das Heimatministerium kann es wohl nicht geben. Danke. Ich merkte heute früh schon gleich beim Aufstehen: jetzt wird alles besser, weil es so bleibt wie es ist.

 

 

Trotz Retorte – es war eine schwierige Geburt

 

 Das neue Kabinett von Kanzlerin Merkel steht fest. © [M] Reuters/AFP/Getty Images

 

Die Schwierigkeiten dieser Geburt – d.h. vielmehr die dafür erforderlichen langfristigen und komplizierten Vorbereitungen – werden wir selbstverständlich zum Thema machen. Zuvor bitten wir die Freundinnen und Freunde unseres Blogs unsere Geschäftsbedingungen zur Gestaltung von Satire genauestens durchzulesen. Eine Zustimmung zu dem Kleingedruckten vor dem Weiterlesen wird allerdings nicht verlangt.

 

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Wir führen heute eine neue Darstellungsform ein und zwar den

Solo-Dialog

Konkret handelt es sich hierbei um einen als Dialog getarnten Monolog. Diese Form erscheint zunächst als ein Widerspruch in sich, ist aber eine der gebräuchlichsten Formen der Kommunikation in unserer Welt. Der Dialogpartner ist eine Attrappe, derer man sich bedient, um etwas loszuwerden. Man könnte dazu auch in den Wald gehen, sich einen mehr oder weniger dicken Baum aussuchen und auf diesen einreden.

Die Allwettervariante, die wohl am häufigsten angewandt wird ist, in den Bierschaum zu reden und zu warten, bis dieser allmählich nachgibt. Für Autofahrer und andere Antialkoholiker zum Trost: Es geht auch mit alkoholfreiem Bier. Allerdings ist dort ein natürliches Ende nicht unbedingt abzusehen, was zwangsläufig dann eintritt, wenn aufgrund des Alkoholgenusses die Zunge im Laufe der Gläser zunehmend schwerer wird und irgendwann nicht mehr zu bewegen ist.

Möglicherweise ist die Vortäuschung eines Gesprächspartners bald aber auch Vergangenheit. Man hat sich bislang weitgehend eines solchen Dummies bedient, weil Selbstgespräche – vor allem in der Öffentlichkeit – etwas komisch aussehen.

Wenn man früher an der Straßenecke oder auf dem Zebrastreifen vor sich hingesprochen hätte, hätten die anderen Passanten gedacht, man röchle um Hilfe oder zähle, ob die weißen Streifen noch alle da sind. Aber seit es durch die moderne Smartphone Technologie durchaus üblich ist, überall mit einem unsichtbaren Dritten zu kommunizieren, wird ein solches Motiv schwächer werden.

Nach diesen uns wichtigen Vorbemerkungen, die allein dem Nachweis dienen, dass wir uns bei der Gestaltung unseres Blogs tatsächlich Gedanken machen, geht es nun weiter in Text und Ton und manchmal auch im Bild. Und natürlich zunächst einmal in Form des Solo Dialogs. Ansonsten hätten wir und unsere Leser sich diese Vorbemerkung just an dieser für die Zukunft der Bundesrepublik Deutschland wichtigen Stelle sparen können

 

 

In der Politik muss man auch bereit sein, Opfer zu bringen.


Was heißt denn das?

Wissen Sie, ich stell mir das bildlich vor. Also so wie in einem Film über die alten Griechen oder noch früher über die noch älteren Ägypter. Da bringt eine leicht gewandete Schönheit eine Opfergabe Richtung Altar. Sie bringt etwas Wertvolles dar und legt es nieder. Wirklich etwas, was Wert hat und zwar für einen selber. Nicht einen Schrott. Nicht die hässliche Vase, die man von der Großtante geschenkt bekommen hat. Oder ein paar Cent, die man beim Verlassen der Kirche in einen Opferstock wirft. Ein wenig wehtun, muss es schon, das Opfer. Also eine junge Ziege oder etwas, was man selbst gerne verzehrt hätte. Ja, selbst Menschenopfer wurden gebracht. Erinnern Sie sich noch an ihren Religionsunterricht. Abraham wollte sogar seinen Sohn Isaak opfern, bis Gott ihn stoppte.

Daran muss wohl Angela Merkel gedacht haben, als sie für das Fortbestehen ihrer Regentschaft nun auch Menschen geopfert hat. Hat sie auf den eigenen Händen de Maizière vor den Opferaltar getragen? Der scheint ja auch nicht so schwer zu sein. Oder Schäuble? Der ist da wohl auch nicht freiwillig selbst hin gerollt. Und dann noch den braven Gröhe. Der sah aber auch nicht mehr ganz so gesund aus neben seinem jungen Herausforderer Jens Spahn. Ja, die wollte sie zwar nicht selbst verzehren. Aber ich glaube oder hoffe wenigstens, dass ihr das auch irgendwie etwas leidgetan hat, ein bisschen. Beide waren ihr auch brav ergeben bis zu ihrem Schluss. Keiner hat geschrien und gezetert. Aufrecht gingen sie, als würden sie sich selbst opfern.

Und da sind wir schon auf der anderen Seite: bei Martin Schulz. Man stellt es so dar, als hätte der sich selbst geopfert. In Krimis würde so etwas unter vorgetäuschtem Selbstmord gehandelt. Also ein Mord, der als Selbstmord getarnt ist. Sich selbst opfern. Wie soll denn das überhaupt gehen? Da trägt sich einer selbst zum Altar. Soviel Animationstricks in der Politik? Na ja, unmöglich ist dort nichts. Wenn man bei Schulz die Tat gedanklich nachstellt, so wie es heute Fernsehkommissare oft deutlich sichtbar und sehr lange tun, wie z.B. Christian Berkel (nicht Merkel) in der Serie „Der Kriminalist“. Da steht er da und sinnt deutlich nach. Und damit man dies auch versteht, sieht er Bilder und Szenen vor seinem geistigen Auge, soweit der Flachbildschirm dies überhaupt verdeutlich kann. Ob Merkel auch Bilder gesehen hat oder vielleicht auch Stimmen mit so einem bayerischen Grollen als Unterton?

Zeugenbefragungen legen die Vermutung nahe, dass Schulz sich nicht selbst opfern wollte. Dagegen sprechen die Pläne, möglichst bald Auslandreisen zu unternehmen und das auf Staatskosten als zuständiger Minister. Damit hätte er gleichzeitig sein Image wieder aufpolieren können. Außenminister sind in der Bevölkerung eigentlich immer ziemlich beliebt. Vielleicht gerade, weil sie viel weg sind. So wie in einer Wochenendbeziehung. Wahrscheinlich hat es sich so abgespielt, dass Schulz jemand aus seinem befeindeten eigenen Lager opfern wollte. Nur bei seinen Überlegungen war er nicht so geschickt wie Merkel nach dem Vorbild von Berkel. Vor die Entscheidung gestellt, ob er nun den leichter gewordenen Gabriel als Opfergabe beibringt oder die – natürlich politisch – an Gewicht zugelegt habende Nahles, ist er ins Straucheln gekommen und selbst unter das Fallbeil geraten. Oder wurde er gar von einem der beiden oder gar von beiden geschubst. Bei der Befragung der beiden Verdächtigen haben die sich gegenseitig der Tat bezichtigt.

Wie brettl-im-blog aus wie immer schlecht unterrichteten Rauten erfahren hat, soll ihnen sogar der perfide Plan untergeschoben worden sein, dass beide die Tat allein verantwortlich auf sich nehmen. Solange der wahre Täter nicht ermittelt ist, kann man auch keinen bestrafen. Und nach draußen stehen die beiden dann bei den Gegnern von Schulz, die zahlenmäßig rapide zugenommen haben, eventuell als Helden da.

Politik ist eben wie das normale Leben. Es ist ein Geben und Nehmen. Nein, es gibt doch einen kleinen Unterschied:  man nimmt selbst und lässt sich von den anderen geben. Und wie war das nochmals mit dem Opfer? Es soll doch irgendwie wehtun. Na ja, dem Opfer auf alle Fälle, aber auch demjenigen, der dieses Opfer herbeibringt.

Merkel wird, wenn die Kameras auf sie gerichtet sind, in ihren persönlich begrenzten Möglichkeiten eine Träne verdrücken, sich dann aber an einen anderen Spruch erinnern, von denen Pastorentöchter sicherlich einen reichen Fundus haben: Nur einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.

Quelle Opfergabe: U5dr6Q3sVVEr9Zp3knTYPvXVyLfkoiT_1680x8400

 

 

Und da gibt es noch ein Opfer oder war dies die Geburt eines Helden, der vielleicht nur noch eine kurze Zeit im Brutkasten zubringen muss? Wer weiß, Andrea Nahles hat ja auch schon mal so angefangen, als Frühchen bei den Jusos.

Seine gegenwärtige Befindlichkeit, die er seinem Tagebuch anvertraut hat, sollten wir dennoch mitfühlend zur Kenntnis nehmen:

Kevin Kühnert’s Tagebuch

 

 

4. März 2018: Liebes Tagebuch, heute Vormittag habe ich mal wieder einen besonderen Tiefschlag erlitten, als das Ergebnis der SPD Mitglieder zur Abstimmung über die GroKo feststand. 2/3 der Genossen waren gegen mich. Das tut schon weh!

Womit habe ich dies verdient, wo ich doch schon eine schwere Jugend hatte. Und da war mein Name Schuld: Kevin. Mein Vater vor allem meinte es gut mit mir, da er HSV Fan war und Kevin Keegan bewunderte. Sein Sohn, wenn der mal so würde wie der englische Spieler. Oder falls er nicht so sportlich wäre, dann vielleicht ein berühmter Künstler wie Kevin Costner oder wenigstens so hinreißend frech und mutig wie Kevin allein zu Hause. Da könnte man als Eltern beruhigt abends mal ausgehen und den Kleinen alleine zu Hause lassen. Irgendwann wurde der Name dann zu einem Schimpfnamen. Kevin wurde zum Synonym für „Opfer“. „Sei kein Kevin!“ war die höchste Stufe der Missachtung. Natürlich habe ich mich im Laufe der Zeit gefragt, warum dies so ist. Anscheinend hat ein Kabarettist Namens Michael Mittermeier daran gezündelt, indem er behauptet hat: Kevin ist kein Name, sondern eine Diagnose. Obwohl die Bauart solcher Sprüche nicht unbekannt war, haben sie bei Kevin doch eine ungeheure Wirkung erzielt. Sprache und die Konstruktion von zupackenden Formulierungen als Waffe?! Eine Erkenntnis, die für mich Anlass war, in die Politik zu gehen. 3 Dinge braucht man um dabei erfolgreich zu sein. Man braucht eine bestimmte Position, damit einem die Leute zuhören, man braucht diese dann zum Zuhören und schließlich muss man einen gelungen Spruch über die Bühne bringen.

Dies ist mir in den nächsten Jahren doch ganz gut gelungen. Einige Jahre war ich Landesvorsitzender der Jusos in Berlin, dann habe ich mich auf Bundesebene zunächst als Stellvertreter brav hinten angestellt, um dann Vorsitzender zu werden.

Höhepunkt der goldenen Worte war schließlich meine Formulierung auf dem SPD-Parteitag „Lasst uns Zwerge sein, um nachher Riesen zu werden!!“ Bester Beweis: sie wurden in allen Gazetten – mit Ausnahme der Apothekenrundschau – zitiert.

Na, ja, wenn die Beteiligung der SPD an der Regierung nun deren Neubesinnung nicht möglich macht, wie von mir vorausgesagt, werde ich die Zeit nutzen, noch an weiteren solchen bahnbrechenden Sprüchen zu arbeiten und sie für den Fall der Fälle im argumentativen Köcher zu haben. Möglicherweise brauche ich diese Pfeile früher als gedacht. Möglicherweise? Nein, hoffentlich!

 

 

Bei all der Aufmerksamkeit, die wir dem Geschehen um die Regierungsbildung schenken, sollten wir weiterhin achtsam sein und auf die Anzeichen sehen, die uns politisches Ungemach verheißen. Und da gibt es ein Anzeichen, das bislang allein von brettl-im-blog in seiner ungeheuren Tragweite erfasst wurde. Wir stellen uns der Wahrheit und fragen ganz offen nach:

Zieht sich Marcus Söder tatsächlich aus der Politik zurück??

 

Wie könnte man die Äußerungen Söders am 5. März 2018 anders verstehen? Anlässlich der Präsentation der CSU-Minister für die Neuauflage der großen Koalition und die des Kandidaten für den zukünftigen bairischen Ministerpräsidenten, sagte Markus Söder: „Die Zeit der Platzhirsche ist vorbei!“ Dabei trat er selbst wie der Dino aller Platzhirsche auf. Er, der sich sonst äußerst feinsinnig gibt, hat damit sicherlich die Anwesenden und auch die Öffentlichkeit überrascht. Eine solch gelungene Parodie auf sich selbst – oder besser gesagt, auf das, was ihm böswillige Zungen nachsagen – hätte ihm niemand zugetraut. Was bleibt, ist das Lesen zwischen den Zeilen, wenn so etwas die bayrische Lautgebung überhaupt zulässt. In einem Anflug von – außerhalb des Nockherberges – seltener Selbstironie könnte er eigentlich nur damit gemeint habe, dass es für ihn in der modernen politischen Kultur keinen Platz mehr gibt. Na ja, vielleicht hat er das gar nicht so gemeint oder präziser formuliert: wenn überhaupt: gedacht.

 

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