Wie der Niedersächsische Landtag hätte gerettet werden können

Satiriker kommen in der Regel zu spät, wenn es um die geht, die Geschehnisse satirisch kommentieren. Es muss ja zuerst etwas geschehen sein, damit dieses kommentiert werden kann.

Diejenigen, die Satire produzieren, kommen jedoch sehr häufig zu früh, wie die Politiker tagtäglich beweisen. Da wird ein Ereignis in Gang gesetzt, auch schon in dem Wissen, dass das Ergebnis lediglich einer satirischen Betrachtung zugänglich sein wird, weil sie sich ansonsten dem gesunden Menschenverstand verschließen würde.

Der Fall um den Verlust der Regierungsmehrheit in Niedersachsen und den Konsequenzen daraus ist ein Beispiel, der die These belegt.

Brettl-im-blog.de nimmt dies zum Anlass, einmal zu konstruieren, wie es sein könnte, wenn die Satire früher eingreifen würde. Es ist also ein konjunktivischer Beitrag, wie die Auflösung des niedersächsischen Landtages mit all seinen Folgen hätte vermieden werden können. Und zwar durch den armen KFZ-Meister Mathias Müller, der noch kein VW-Boss ist, und einem ihm untergeschobenen Brief an einen Abgeordneten, der von brettl-im-blog.de bewusst ausgewählt wurde.

Offener Brief an den Landtagsabgeordneten

Herrn MDL Horst Kortlang, FDP

Als KFZ-Mechaniker-Meister mit einer eigenen kleinen Werkstatt bin ich keiner, der bislang die SPD gewählt hat. Die Vorgänge um den Übertritt von Elke Twesten in die CDU-Fraktion haben mich insgesamt jedoch nachdenklich gemacht.

Erstens, weil Stephan Weil, obwohl er Sozi ist, ein sehr guter und vor allem integrer Ministerpräsident ist und er dieses Getue um Abwahl oder Neuwahl nicht verdient hat.

Zweitens, weil es doch keinen Sinn macht, kurz vor dem Ende der regulären Wahlperiode einen neuen Landtag zu wählen und vor allem die noch nicht erledigten Dinge einfach als unerledigt zurückzulassen. Ich stelle mir vor, ein Auto, das ich fast schon repariert habe, nicht einfach nur stehen zu lassen, sondern aus der Werkstatt wieder zu entfernen und möglicherweise jemand ganz anderen die Sache wieder von neuem in Angriff nehmen zu lassen.

Meinen Kunden Stephan Weil habe ich als einen äußerst sympathischen und bescheidenen Menschen kennengelernt, der meistens sein Auto, übrigens einen älteren Golf, selbst vorbeibringt und alle Versuche, ihn bevorzugt zu behandeln, abwehrt. Auch als ich ihn nach seiner Wahl mit Herr Ministerpräsident ansprach, hat er sich das verbeten und gesagt, er heiße weiterhin schlicht und einfach Weil. Und meine Frau hat mir nach einem Friseurbesuch und dem dabei üblichen Blättern in einer Illustrierten davon berichtet, dass Herr Weil alleine die Einladung zu Ernst August Hochzeit als Vertreter der Landesregierung wahrgenommen hat, während Herr Althusmann schon mit familiärem Gefolge, also samt Frau und Kindern, ebenfalls Hof gehalten hat. Wir brauchen doch nicht noch eine zweite Hoheit mit eigenem Hofstaat.

Auch in dem Konflikt um VW hat sich Herr Weil meines Erachtens korrekt verhalten. Er musste sich doch über die Fakten juristisch absichern, um VW, zu denen ich ja auch gehöre, nicht den amerikanischen Anwälten auszuliefern. Die sind ja nicht gerade zimperlich, wie allgemein bekannt ist. Seine Meinung zu dem Skandal hat er dabei weder verhehlt noch verändert. Er hat ja auch wie ein braver Schuljunge das korrigierte Manuskript in der Öffentlichkeit gezeigt. Das hat mich dann doch überzeugt und sogar richtig beeindruckt.

Richtig verärgert bin ich über die Auswirkungen, die Frau Twesten durch ihr Gehabe verursacht. Wenn der Landtag aufgelöst wird, bleiben die unerledigten Gesetzesvorhaben nicht nur liegen, nein, sie müssen wieder ganz von vorne behandelt werden. Als Handwerkerund kleiner Unternehmer frag ich mich, wieviel Arbeitsstunden da einfach vergeudet werden, und zwar Arbeitsstunden, die weit über einem Gesellenlohn liegen. Da redet Politik von Ressourcen schonen und Energieverschwendung vermeiden und tut gerade dieses. Ein schlechteres Vorbild kann es gar nicht geben. Das hat auch schon gar nichts mit der in der Politik so hochgehandelten Stabilität zu tun.

Deshalb bin ich der Meinung, dass ein Politiker, wenn er aus seiner Fraktion ausscheiden möchte, dies durchaus darf. Er darf aber jedoch nicht den Sitz seiner dann ehemaligen Partei klauen, über die und auch wegen der er gewählt wurde. Er sollte dann ganz aus dem Parlament ausscheiden und seiner Partei sein Mandat zurückgeben, damit diese einen Nachfolger benennen kann.

Nun, ich habe ja unter meinen Kunden einige Studierte, die behaupten, dass der Abgeordnete nur seinem Gewissen verantwortlich, und dies ein hohes demokratisches Gut sei. Einige behaupten, dass dies vor allem dem Schutze der Abgeordneten diene, wieder bedroht zu werden, wie damals im Dritten Reich. Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland zu schützen, sei besonders wichtig usw. und so fort. Da kenn ich mich nicht so aus und will das auch nicht. Ich denke da eher ganz praktisch und deshalb wende ich mich an Sie, sehr geehrter Herr Kortlang, da ich vermute, dass Sie aufgrund ihres Werdeganges ähnlich praktisch denken können wie ich.

Sie könnten ja – aus rein praktischen Gründen – aus der FDP-Fraktion ausscheiden und zu den Sozis wechseln. Oder auf dem Wege zum wohlverdienten Ruhestand schon jetzt ihr grünes Gewissen oder auch nur ihren grünen Daumen entdecken. Dann wäre das Kräfteverhältnis wieder hergestellt. Sie hätten noch bis zum Ende der Wahlperiode ihre Abgeordneten-Diäten und auch die entsprechenden Punkte für ihre Abgeordneten-Rente, oder wie man dies bei Ihnen so nennt. Außerdem würden Sie endlich mal in die Zeitung kommen, denn von Ihnen habe ich noch nie etwas in der Presse gelesen. Ihre Enkel könnten ihren Spielkameraden endlich ihr gedrucktes Foto zeigen und beweisen, wie wichtig ihr Opa ist. Ihre Wähler könnten Sie mit dem übergeordneten Ziel des Sparens und Vereinfachens überzeugen. Dass man Ihnen den Vorwurf machen könnte, Sie würden ihre Gesinnung verraten, brauchen Sie nicht zu fürchten. Die Geschichte der FDP hat doch eindrücklich gezeigt, dass der Verrat zum Programm der Partei gehört und von weit bekannteren Personen praktiziert wurde. Und außerdem, wo vorher keine Gesinnung war, kann ein einklagbarer Schaden doch gar nicht entstanden sein. Lindner wird möglicherweise böse sein, vielleicht werden ihm auch die Haare zu Berge stehen. Das würde jedoch seine Mühen, seinen Haaren als Zeichen seiner Dynamik mehr Fülle zu verleihen, nur unterstützen. Und spätestens für die nächste Plakataktion hätte sein Stylistenteam das wieder im Griff.

Also geben sie sich einen Ruck! Die Niedersachsen – und nicht nur diese – werden Ihnen dafür auf ewig dankbar sein.

Ihr Mathias Müller

Ein Kommentar

  1. eine konzentrierte, intelligente und humorvolle Betrachtung unseres Zeitgeschehens.
    Prof. Michael Huthmann
    Professor em für Theatertheorie

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