Brettl-im-blog feiert Geburtstag!

Heute mit einer etwas umfangreicheren Jubiläumsausgabe – doch genauso umfangreich kostenlos

Am 3. Mai 2017, also vor genau einem Jahr, haben wir die deutsche und damit letztlich auch die Weltöffentlichkeit von der Geburt unseres Sprösslings informiert. Sein Name „brettl-im-blog“ wurde nicht so lange geheim gehalten wie der des jüngsten Sohn von William und Kate. Die Erzeuger sind überglücklich, dass der kleine „brettl-im-blog“ sich inzwischen ohne größere Kinderkrankheiten entwickeln und den wachsenden Kreis seiner Paten erfreuen konnte.

Wir sind gerne bereit, Glückwünsche in jedweder Form und Größe entgegenzunehmen. In dringenden Notfällen ausnahmsweise auch außerhalb unserer satirischen Dienstzeiten.

In unserer so schnelllebigen Zeit sollten wir nicht nur Jubiläen im vorgerückten Alter, so ab 30 nutzen, um einen in jeder Familienfeier so beliebten Rückblick ausführlich zu zelebrieren. Selbst ein erster Geburtstag kann oft Stoff genug liefern, vor allem, wenn man ihn zum Genuss des Redners im Zeitlupenformat gestaltet.

Wir versuchen der Verlockung einer Selbstbeweihräucherung zu trotzen – auch wenn sie durchaus angebracht wäre – und bescheiden uns mit einer schlichten

Satire-Inventur

eine Form, für die wir hiermit ein literarisches Patent anmelden.

 

 

Eine warnende Vorbemerkung: Vom Generalsekretär des ZK der KPDSU und sowjetischem Staatsoberhaupt aus den 60er und 70er Jahren, Leonid Iljitsch Breschnew, weiß man, dass er seine Rechenschaftsberichte immer auf mehrere Stunden ausgedehnt hat. Nun, diese Zeiten sind vorbei und die Rahmenbedingungen für satirische Kommentare sind andere. So beschränken wir uns auf einen Text, der in mittlerer Lesedauer und auch Sprechdauer exakt 14 Minuten und 13 Sekunden umfasst. Man kann diese Vorgabe auch einer App gleich dazu nutzen, sein individuelles Leseverhalten, was die Geschwindigkeit anbetrifft, zu überprüfen und gegebenenfalls auch zu eichen.

Es ist allerdings auch durchaus legitim, diese Passage zu überschlagen. Allerdings unter der Gefahr, die eine oder andere versteckte Pointe nicht mitzubekommen. Entscheiden Sie selbst, machen Sie uns aber nachher bitte keine Vorwürfe!

Insgesamt haben wir bislang 21 Ausgaben herausgebracht mit insgesamt 30.175 Wörtern, bestehend aus insgesamt 205.963 Zeichen. Dabei muss der Correctnes halber unbedingt darauf hingewiesen werden muss, dass 30.047 Leerzeichen miteingerechnet  werden mussten,(=14,46%), ein Phänomen, das sich im Umgang mit politischen Themen nicht vermeiden lässt.

Nun, solch nackte Zahlen sagen noch lange nichts über die Qualität der Aussagen . Als verlässliches Kriterium zur Qualitätsmessung haben wir schon zu Beginn des Jahres in unserer Ausgabe vom 9. Januar 2018 die Maßeinheit ZPW (Zeichen pro Wort), natürlich wiederum als Weltpremiere, eingeführt und gleich auf die Neujahrsansprachen des Bundespräsidenten und der Bundeskanzlerin angewendet. Beide benutzten für jedes der von ihnen geschrieben oder gesprochene Worte durchschnittlich 6,4 Zeichen. Dazu gehören noch bei beiden rund 15% Leerzeichen.

Die Neujahrsansprache des Chefautors unseres SatirSpiegels umfasste im Vergleich dazu 4.476 Zeichen, verteilt auf 665 Wörter und erwies sich mit einem ZPW Index von 6,7 als stärker gefüllt denn die Vorlagen von Angela und Walter. Ausgehend von diesen Referenzwerten hat sich „brettl-im-blog“ über das Jahr hinweg also qualitativ weiter entwickelt. Dafür spricht der inzwischen erreichte ZPW von 6,8.

Dabei haben wir bewußt der Fairness halber auf zeichenreiche Wörter, wie „Ambiguitätsintoleranz“ verzichtet. Dieser Lieblingsbegriff von Lothar Schäffner mit 21 Buchstaben füllt schon ganz schön und lässt sich vor allem auch in unterschiedlichem semantischem Kontext verwenden. Selbst im Sinne einer Beschimpfung. Zur Verdeutlichung: Sie könnten z.B. ihrem Gegenüber oder ihrer Gegenüberin vorhalten: „Ihre Ambiguitätsintoleranz stinkt geradezu zum Himmel!“ Unseres Erachtens ist dies geradezu ein sprachliches Meisterwerk, das ein theoretisches Konstrukt wie Ambiguitätsintoleranz sinnlich fassbar macht (stinkt) und schließlich dann wiederum transzendental (zum Himmel) erhöht. Vielleicht noch ein ergänzender Hinweis, falls es den einen oder anderen oder andere interessiert: Ambiguitätstoleranz bedeutet, es ertragen zu können, dass Dinge nicht eindeutig zu erklären sind. Dass es kein Schwarz-Weiß bei der Erklärung gesellschaftlicher Phänomene gibt, dass es Grauzonen und Schattierungen gibt. Ambiguitätsintoleranz ist folglich das Gegenteil davon und ein grundlegendes Muster zur Erklärung von Faschismus bzw. dessen Faszination auf eine Vielzahl von Menschen, die dann vielleicht auch AFD wählen. Sie erliegen der schlichten Vereinfachung.

Insofern ist es nicht Aufgabe von Satire, eine schlüssige Erklärung für gesellschaftliche Vorgänge zu liefern, sondern auf die Vielfalt der Interpretationsmöglichkeiten zu verweisen und diese Bandbreit auch ein Stück weit offen zu halten. Dies bedeutet zugleich, vor Schnellschüssen einer voreiligen Analyse zu warnen und vor allem Ideologien zu entlarven, und zwar Ideologien, die in dem Versuch bestehen, das Eigeninteresse als Gemeininteresse umzudefinieren. Solche Eigeninteressen, ob sie sich auf ein Individuum beziehen oder auf eine Gruppe aufzudecken und gleichzeitig den Unterschied zwischen werbenden politischen Formeln und dem konkreten Handeln gilt es, deutlich zu machen. Konkret sind es die Mauschelleien, die Tricksereien, die Halbwahrheiten, die gegenseitige Gefälligkeiten, das Schmieden von Interessensverbünde und das Zusammenfinden in Kartellen und schlicht das Auseinanderfallen von öffentlichen Begründungen und geheimen Interessen und letztlich auch die Unverfrorenheit zu glauben, die Bevölkerung würde das nicht wahrnehmen. Neben der kontinuierlichen Reflexion, was Satire soll und kann, geben sie das Themenspektrum für Satire ab.

Zu diesem Spektrum gehörte in dem abgelaufenen Satirejahr

  • Selbstverständlich die Wahlen sowohl im Bund als auch in Niedersachsen einschließlich der jeweilige Regierungsbildung, die vor allem auf Bundesebene einige dramatische und sogar satirische Wendungen mit sich brachte. Einbezogen in die satirische Aufarbeitung dieser Wahlen waren die Begleiterscheinungen in den Köpfen der Wähler und in dem Umgang der Politiker unter einander, der sich je nach Situation der Partnersuche änderte.
  • Der G20 Gipfel und die mit dieser auslösenden Auseinandersetzungen wurden ebenfalls zum Thema. Genauer gesagt, die Kommentare aus Politik und Presse zu diesen Ereignissen.
  • Dann hat selbstverständlich das Thema Auto unsere satirische Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Dabei ging es weniger um das Produkt selbst als vielmehr um das Gerangel im Umgang mit der Dieselproblematik und vor allem das Geschacher um die möglichen Lösungen und das Machtspiel zwischen Politik und dem Autokartell, zwischen demokratisch legitimierten Entscheidungen und Lobbyarbeit. Und schließlich auch um das Ruß-Schwarze-Peter-Spiel um die Verantwortung und wer für den Schaden aufzukommen hat.
  • Ein besonders gutes Beispiel für das Auseinandertriften von Versprechen und Verheißung ist – die Pazifisten wird dies freuen – ist die Differenz zwischen erklärter Wehrbereitschaft der Bundeswehr und der Fähigkeit, diese Bereitschaft zu garantieren, zwischen Auslandseinsätzen und Materialbeschaffungsproblemen im inneren, zwischen Maschinerie und Schrotthalde.
  • Übertroffen wird ein solches Auseinanderklaffen – weil aus geschäftlichem Kalkül – wohl noch durch die Differenz zwischen Verheißung und Versprechen der Banken gegenüber ihren Kunden und der Öffentlichkeit. Geradezu widerlich die Lyrik, mit der vor allem die zwei deutschen Großbanken um ihre Kunden und was noch schlimmer ist um deren Vertrauen werben. Vorweg das deutsche Flaggschiff der Deutschen Bank, deren Chefs über Epochen hinweg sich einen Freiraum zwischen politischer Anerkennung und Verursacher von Skandalen verschaffen haben.

An all den Ereignissen sind zwangsläufig Personen beteiligt, die als lebendige Ziele für Satire herhalten müssen und auch aus Sicht der Konsumenten von Satire leichter zu treffen sind als irgend ein anonymes vernebeltes Konstrukt, eine Institution oder ein Prozess. Sie tragen als Akteure oder eben als diejenigen, die nicht handeln, Verantwortung und werden satirisch zu solcher gezogen.

Rein statistisch liegt erwartungsgemäß Angela Merkel unter den politischen Personen an erster Stelle. Allerdings nicht unbedingt als politische Akteurin. Irgendwie war sie immer dabei, aber doch nicht so richtig. Zwar war sie auf allen Fotos zu sehen, doch die Scheuers, Spahns oder Dobrindts haben sich immer nach vorne gedrängt und gerierten sich als Hauptdarsteller. Und wenn man die Merkel in den letzten Wochen beobachtet hat, kommt einem in den Sinn, was der zweite Teil, also der eher passive Part der Redewendung, die wir alltäglich so selbstverständlich benutzen, eigentlich bedeutet: „sie kann tun und lassen was sie will“.

Während Merkel im Zusammenhang mit 20 Situationen genannt wurde, schafft es ihr ehemaliger Herausforderer, Martin Schulz, immerhin noch an zweiter Stelle liegend, gerade einmal auf die Hälfte der Erwähnungen. Dies zunächst als Akteur und dann – so dramatisch traurig kann Politik sein, dass die Satiriker fast schon zum kollektiven Bedauern auffordern, als Opfer.

Dann folgen schon Christian Lindner, der in seiner Marketingstrategie, den Vertriebsweg FDP nutzt um sich selbst zu verkaufen, besonders geeignet ist, Menschen etwas anzudrehen-

Gleichauf Horst Seehofer und in seinem Gefolge seine Vasallen, Dobrindt und Scheuer, und auch sein Gegenspieler Söder aus den bairischen Widerstandsnestern. In ihrem unerschöpflichen Selbstbewusstsein, das sie wohl in der Abgeschiedenheit ihrer tiefen Täler und abseits gelegenen Sennhütten entwickelt haben, hat sich dort eine politische Kultur etabliert, die Skandale geradezu als identitätsfördernd betrachtet und in der Tradition des Urvaters der politischen Skandale Franz Josef Strauß weiterhin pflegt und als Markenzeichen für ihre politischen Führer hegt. Überraschend und ein Zeichen von noch tieferer Unverfrorenheit ist dabei, dass sie ihre Tricks, ihre Umdeutungen und ihren Egoismus nicht einmal verbergen, sondern sogar noch zur Schau stellen. Seht zu, so stark sind wir, dass wir uns das erlauben können! Sogar auf einem Nockernberg demonstrieren wir, wenn auch manchmal gequält, so doch generös unsere Anwesenheit. Hofnarren können sich eben nur Könige leisten.

Man kann sich des Verdachts nicht erwehren, dass sie sich bemühen, in die Dimensionen eines Donald Trump vorzustoßen. Sich selbst ständig die eigene Macht dadurch vor Augen zu führen, dass man sich jede politische Albernheit erlauben kann und trotz aller höchsten Gefahren doch nicht weggesperrt wird, ist geradezu der Gipfel einer narzisstischen Entwicklung. Insofern ist die Person Trump im Grunde genommen einer satirischen Erreichbarkeit geradezu entrückt. Damit verschließt er sich mit seiner täglichen politischen Horror Soap eigentlich einer rationalen Auseinandersetzung. Auf der anderen Seite sind seine Aktionen einfach nicht zu übersehen und zwingen Brettl-im-Blog doch immer wieder zu einer kommentierenden Aussage.

Wir bitten heute schon um Verständnis.

Neben den politischen Themen im Zentrum unserer Aussagen, haben wir noch einen kleinen Kulturteil und manchmal auch etwas in der Rubrik Vermischtes oder Personalien. Da wurde eine Parodie zu der Kritikersprache in der Kunst ebenso platziert, wie u.a. Anmerkungen zur persönlichen Situation von Gerhard Schröder oder zum Comeback-Versuch von KT zu Guttenberg. Satirischer Beifang eben.

 

Sensationelle Wende im Kriminal-Fall Söder: Vom Exorzismus zum schweren Raub!!

Söder’s Anweisung, in den bayrischen Amtsstuben bzw. in den Eingangsbereichen von Behörden Kreuze aufzuhängen, ist eine kulturpolitische Gewalttat. Zunächst einmal geriet diese unter einen Exorzismus-Verdacht. Man sah Söder schon vor allen Rathäusern, der mit dem Kreuz in der Hand die Heerscharen von Muslimen in Bann hielt. So lag der Verdacht nahe, Söder hätte sich zum Exorzisten entwickelt, der zur Abwehr des Satans das Kreuz vor sich her trägt, als Waffe schwingt oder gar noch durch ein Schwert ergänzt. Und ganz nebenbei und wohl letztlich doch als eigentlicher Grund auf Wählerstimmen schielt.

Söders Verteidigungsstrategie, den Verdacht des Exorzismus zu entkräften, geriet zu einer historischen Umdeutung, wie sie in dieser historischen Dimension in jüngster Zeit höchstens von einem Donald Trump gewagt wurde. Sein Leugnen mit dem Hahnschrei, bei dem Kreuz handele es sich nicht um ein religiöses Symbol, erweist sich nun als Bumerang. Das Kreuz als Bumerang … eine Metapher, an die man sich erst gewöhnen muss.

Was es dann bedeutet, das Kreuz zu einem Symbol für Identität umzudeuten, muss man zuerst einmal erklären. Was hat Kreuz mit einem religionsfreien Symbol zu tun? Ist das vielleicht eine Werbung für Orthopädische Therapie? Statt „ich habe Rücken“, „ich habe Kreuz“.

Dabei sollte man das Ganze doch positiv sehen. Früher zur Zeit der Kreuzzüge mussten wir in die religiösen Feinde in den fremden Ländern aufsuchen, um sie dort zu bekriegen. Heute haben wir es einfacher. Wir brauchen nicht mehr die aufwändigen Strapazen eines waffenbestückten Zuges in ferne Länder auf uns nehmen, zumal unsere Kriegsgerätschaft eh marode ist. Wir haben die Fremden in unser Land gelockt und können sie nun in unserer direkten Nachbarschaft angreifen. Ein kleiner Weg zu Fuß oder mit dem örtlichen Nahverkehr ist doch wesentlich bequemer und auch billiger. Außerdem können wir so unseren NATO Partner begründen, warum wir nicht die ganzen 2% unseres Bruttosozialproduktes brauchen, um die Waffenindustrie zu sponsern bzw. die militärische Maschinerie in Gang zu halten.

Dabei hat Söder nur das nach dem 30 jährigen Krieg im Westfälischen Frieden festgelegte Prinzip „Cuius regio eius religio“ etwas umgedeutet oder präzisiert. So meint er nicht, wer regiert, bestimmt die Religion, sondern wer regiert, bestimmt, was mit der Religion gemacht wird. Zur Not wird sie auch als Waffe benutzt. Dabei hätte Söder eigentlich nur bei Wikipedia nachschauen (lassen[1]) müssen. Dort steht:

„Seit Entstehung des Staatswesens im Altertum wurde die Staatsgewalt als göttliche Stiftung aufgefasst. So war es einerseits Aufgabe des Staates, den Schutz und die Verbreitung der anerkannten (Staats-)Religion sicherzustellen. Ein Abweichen von der jeweiligen Staatsreligion stellte andererseits die Legitimationsbasis des Staates in Frage. Die Herrscher betrachteten sich deshalb als verpflichtet und berechtigt, die staatlich anerkannte Religion durchzusetzen. Im Heiligen Römischen Reich stellte das katholische Christentum bis zu Beginn der Frühen Neuzeit faktisch die Staatsreligion dar. Häresie also religiöse Abweichungen innerhalb der Kirche, wurde nach dem Reichsrecht verfolgt. Die obrigkeitliche Sorge und Bewahrung der Staatsreligion waren zum Zeitpunkt der Reformation 1517 der Normalfall und ein anderer Zustand grundsätzlich nicht vorstellbar“.

Vielleicht ist es dies der akzeptable Grund, in Norddeutschland den Reformationstag zu einem Feiertag zu machen. Als Konsequenz bleibt:

Die Kirche muss gegen Söder wegen schweren Raubes Anzeige erstatten, aber bitte nicht bei dem königlich bayrischen Amtsgericht. Die Anklage lautet, dass Söder ihr das zentrale Symbol mit Gewalt entwendet hat und nur noch für sich und die Identität seiner Amtsstuben reklamiert.

Und der Versuch, damit Stimmen für die nächste Wahl zu gewinnen, sorgt bei der Bevölkerung eher für Verwirrung, wie Klaus Stuttmann verdeutlicht.

www.stuttmann-karikaturen.de/karikatur/6712

 

Von der Lyrik zum Jagdsignal in der Deutschen Bank:
Sewing fordert von seinen Mitarbeitern Jägermentalität

Der neue Jagdaufseher Christian Sewing, zugleich Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, hat seinen Mitarbeitern gleich am ersten Tag den Marsch geblasen. Die Zeit der Lyrik, die „brettl-im-blog“ noch in seiner Ausgabe vom 25. September 2017 bewunderte, ist vorbei. Der neue Boss ruft zu Jagd und verlangt von seinen Mitarbeitern reiche Beute.

Na ja, vielleicht hilft ihm anscheinend dieses forsche Jagdsignal aus der peinlichen Verlegenheit, doch nur vierte oder fünfte Wahl gewesen zu sein und seinen Oberaufsehern letztlich als Ausweg aus ihrer eigenen Verlegenheit schien. Denn die obersten Aufseher hatten nicht die Qual der Wahl, sondern die Wahl der Qual, nachdem sie keinen geeigneten Externen gefunden hatten. Nun musste ein Eigengewächs her. Es wurde einer mit einer steilen Karriere vom Auszubildenden bis zum Vorstandsmitglied. Nur, steile Karriereleitern sind meist enge Stiegen, die kaum Seitenblick ermöglichen und der ständige Blick nach oben ins Licht, verhindert die Sicht auf das, was man hinter sich gelassen hat, zumal der anleitende Bergführer einen ständig ermahnt nicht nach unten zu schauen, damit man nicht schwindelt bzw. sein Schwindeln bemerkt.

Allerdings ist eine Gefahr nicht zu bannen. Das Erbgut aus der eigenen Zucht ist nicht gerade vielversprechend. Vor allem, was die Reputation hinsichtlich der Korrektheit und Integrität der Erblasser betrifft.

Ein Nachkomme von einem Herrn Breuer oder einem Herrn Ackermann zu sein, verschafft einem möglicherweise Kredit in dem privaten Finanzhaushalt, ob dies auch die moralische Kreditlinie gleichermaßen betrifft, bleibt fraglich. Wenigstens haben beide durch die Skandale, die sie begleiteten reichlich Juristen in Lohn und Brot gebracht. Und Churchill wird sich aus dem Grabe heraus freuen oder darin umdrehen, dass ein so bedeutender AckerMann, zu dessen Geburtstag die Kanzlerin sogar ein Abendessen veranstaltete, sein Victory-Zeichen wenigstens nach dem Ende einer Prozesses wiederbelebte.

Markig waren nun die ersten Statements des Eigengewächses, in denen er von seinen Bankern Jägermentalität forderte. Das zwingt zwangsläufig zu der Frage, wer jagt wen, wer ist die Beute, wer ist Freiwild und mit welchen Mitteln wird gejagt? Eine Metapher, die möglicherweise die Mitarbeiter aufwecken soll. Wie die Kunden dies sehen, bleibt möglicherweise Angst besetzt. Bin ich als Privat- oder als Firmenkunde das Wild, das die Deutschen Banker erjagen? Gehöre ich zu der Jagdstrecke, die dann nach dem Abblasen der Jagd ausgelegt und ausgezählt wird, um den Jagdkönig zu ermitteln. Wird mir als armen Hasen dann das Fell über die Ohren gezogen? Sind die Renditeversprechen der Bank einschließlich der eigenen Prognosen und Bilanzen Jägerlatein?

Vielleicht hat Herr Sewing die Aufforderung manches Managementberaters falsch verstanden, dass wir an der Unternehmensspitze Visionäre brauchen, die ein klares aber auch anziehendes Bild von einer Unternehmenszukunft haben. Oder er hat die Warnung Helmut Schmidts überhört: wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen. Die von ihm formulierten Erwartungen sind möglicherweise dazu geeignet, Tierschützer, Vegetarier oder Veganer aus dem Unternehmen zu treiben, nicht aber die Nähe zu Treibern oder den Jägern zu suchen, es sei denn, man sucht deren wehrhaften Schutz, weil man sich verstecken muss.

Vielleicht kann „brettl-im-blog“ Herrn Sewing mit dem Hinweis warnen, dass es schon einmal einen Topmanager gab, der mit vergleichbar markigen Worten seine Mitarbeiter anstachelte. Es war der Automanager Ignaz Lopez, der mit seinen Leuten, die er und die sich selbst Krieger nannten in die Produktionsstätten von Zulieferern mit Kettensägen eindrangen, um die Produktionsabläufe zu vereinfachen und damit für sein Unternehmen billiger zu machen. Wer auf solchen Schlachtfeldern nur Verwundete hinterlässt, braucht sich nicht zu wundern, wenn andere, vor allem Kunden und andere Geschäftspartner, das Weite suchen. Und noch ein ergänzender und abschließender Hinweis: Herr Lopez ist gescheitert.

Trotzdem Weidmannsheil!! Auf Weidmannsdank verzichten wir, zumal dieser nur geäußert wird, wenn ein Wild erlegt wurde. Schon alleine aus Furcht, selbst die Jagdbeute darzustellen.

Zumindest eines hat Sewing schon geschafft. Er hat sich in Rekordzeit in die Phalanx der Ungeschicklichkeiten eingereiht, die sich die bisherigen Chefs der Deutschen Bank geleistet haben. Hilmar Kopper mit seinem millionenschweren Peanuts (konkret: offene Rechnungen des pleite gegangenen Baulöwen Jürgen Schneider bei Handwerksbetrieben), der Indiskretion des Rolf Breuer im Fall Leo Kirch, der ihm daraufhin die Schuld an seiner Pleite gab und jahrelang gegen ihn prozessierte, dann das Victory-Zeichen von Josef Ackermann am Ende des Prozesses gegen ihn wegen des Verdachts der Untreue und schließlich die persönliche telefonische Beschwerde von Jürgen Fitschen beim hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier wegen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen die Deutsche Bank.

Wir empfehlen dem Haushistoriker der Deutschen Bank schon einen Platz in der Ruhmeshalle der Peinlichkeiten für ein Porträt von Herrn Sewing zu reservieren. Falls überhaupt noch genug Geld zum Bezahlen eines Malers verbleibt. Und falls noch einer bereit ist, für weniger als Peanuts seine Kunst zu liefern. Und was sagte der neue Boss vor dem Hintergrund so treffend: Unser Start in das Jahr war solide, aber „solide“ darf nicht unser Anspruch sein. Na, da haben wir es: das Geständnis. Abführen!!

Unabhängig davon, wie es weitergeht. Eine wird mit ihrem Buben höchst zufrieden sein.

Quelle: HAZ 10. April 2018 S. 9

Der Einfluss von Angela Merkel auf Donald Trump ist doch größer als gemeinhin kolportiert.

Schon in unserer Ausgabe vom 9. Januar 2018 haben wir den subtilen Einfluss von Angela Merkel auf ihre abhängig Beschäftigten und denen, die es werden wollen, deutlich gemacht. Was aber bislang keiner wusste, selbst der hartnäckige und selbstverliebte Donald Trump, dessen Hobby es scheint, die Welt in seinem kurzen Atem zu halten, kann sich ihrer (un)heimlichen Aura nicht entziehen. Allerdings kann er es dennoch nicht lassen, seine persönliche Note auch in die Merkel‘sche Raute einzubringen. Die Zahl 45 signalisiert, dass er der 45. Präsident der Vereinigten Staaten ist. Sollte bei Angela Merkel eines (fernen) Tages) auch eine 45 unter dem Ärmel des Hosenanzuges hervorlugen, könnte dies bei ihr nur heißen, dass es ihr 45. Jahr im Amte ist.

God save Queen Angie und schenke ihr ein langes Leben und uns und unseren Nachkommen einen noch längeren Atem.

Quelle: EVAN VUCCI/AP

 

[1] Diese Klammer und das kleine Wort „lassen“ verdient eine Erklärung. Man kann sicher sein, dass ein machtbewusster Herrscher wie Söder immer jemanden finden wird, der mit einer wohlgesetzten Terminologie das begründen kann, was der Herr hören möchte. Der Aufstiegswille ist auch in Kreisen, die sich intellektuell wähnen, ein Antrieb, den Mächtigen zu gefallen. Nur so ist es zu erklären, dass aus einem ehemaligen Studenten der Soziologie ein Dobrindt wurde.

Ein Kommentar

  1. Das Brett’l – ein kaberettistischer Geheimtipp

    Während einer Reise nach Österreich las ich, dass das Brettl’l schon ein Jahr alt geworden ist. Ich trank darauf an der nächsten Raststätte ein Glas Almdudler und feierte vor mich hin mit einer Brettljause. Damit erreichte ich zwar den Magen jedoch nicht so recht den Geist. Oder? Vielleicht ist beides beim guten Kabarett sinnvoll: ein geistig-körperliches Wohl-, Unwohl-, Wohlbefinden: Ich werde zum (kritischen) Mitdenken aufgefordert und auch körperlich „adrenal“ aktiviert.
    Beim Brett’l kommt etwas ganz Besonderes hinzu: Der Gründer kehrt zu seinen Lebenswurzeln zurück: Lothar Schäffner war vor mehr als fünf Jahrzehnten schon kreativ kabarettistisch unterwegs. In seiner später eher „ernsten Hochschulprofessorenzeit“ konnte man dennoch den humanistisch-humorvollen Alltagsblick von Lothar Schäffner stets herausfühlen. Es bringt ihn nun – zurückkommend zu seinen Wurzeln – zu einem neuen kabarettistischen Höhenflug, hervorragend technisch unterstützt – und das alles in beider Freizeit.
    Lothar, dem Brett’l ein Dreifach-Hoch, ein Chapeau vor dem bisher schon Geleisteten und ein „Weiter so“ – und bleibt bei all dem gegenwärtig gesellschaftlichen ……… optimistisch-aktiv. Ich habe noch ein von Dir erwähntes Zitat im Ohr: „Es ist Pflicht, ein Optimist zu sein. Pessimismus wird niemals etwas bewegen.

    Regensburg, 28. Juni 2018
    Prof. Dr. Volker Heyse

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