SatirSpiegel im brettl-Format vom 9. November 2017

Wie schon Ende September vorausgesagt haben die Bundestagswahlen und danach die Landtagswahlen in Niedersachsen genug an satirischem Stoff geliefert, denen sich brettl-im-blog nicht verschließen kann.

 

Politische Farbenlehr

Grundsätzlich geht es darum, sich mit einer neuen Farbenlehre zu befassen, die insgesamt die gefährliche Tendenz einer bräunlichen Tönung aufzeigt, selbst bei den Mischfarben.

„Schwarz, rot, gelb grün, und schließlich auch noch rot rot“. Wie gut haben wir uns an dieses politische Farbenspiel gewöhnt. Doch damit ist es jetzt anscheinend Schluss. Vor allem, was die Farbkombinationen angeht, müssen wir die politische Herbstmode in diesem Jahr neu ausrichten. Jamaika, wer hätte das gedacht. Ein Glück, dass wir die Farben, wie in einer Flagge bewusst getrennt halten. Sie tatsächlich zu mischen, wäre symbolisch eine Katastrophe. Eigentlich ist dies schon länger der Fall: grün und rot wäre auf alle Fälle braun. Schwarz und rot, hätte eine grässlich trüben Farbton ergeben, fast ebenso schon in Richtung braun. Und bei Jamaika würde sich die Farbe lediglich ein wenig aufhellen. Also droht die Gefahr, dass sich das braun bei allen Kombinationen durchzusetzen scheint. Ist das damit gemeint, dass es rechts von der CSU keine andere Partei mehr geben soll?

Unser alpenländischer Nachbar scheint uns eine Lösung aus solch düsteren Farbspielereien anzubieten. Da ist er, der neue politische Wunderknabe, der Stern am politischen Himmel, der vor allem in der dunklen Bergwelt nachts besonders hell leuchtet. Kurz und gut: der Kurz, der nun als ÖVPler seine eigene Liste aufstellt. Die eigene Liste als List? Ein so getarnter Neuanfang, der vergessen lässt, dass er als dienstältester Minister quasi schon pränatal beginnend die Politik der großen Koalition und damit Österreichs  mitbestimmt hat. Und was ist außer der alerten Erscheinung und den tadellosen Manieren sein Geheimnis? Er setzt auf die Angst, und die benennt er. Zuwanderung und deren Begrenzung hat er geschickt mit seinem Namen verknüpft.

Oh, du brave SPD hast nicht geglaubt, dass es möglich ist, sich als Regierungsmitglied von der eigenen Regierungsverantwortung so offensiv und erfolgreich absetzen zu können. Dafür einen Politiker zu aktivieren, der sich zwar auf die Marktplätze bemüht, dort aber seine politische Ware nicht loswird, war anscheinend nicht die beste Lösung. Wer Politik betreibt, muss sich, wenn er die öffentliche Legitimation sucht, nicht primär darum kümmern, ob man den politischen Freunden gefällt; man muss vor allem die anderen draußen überzeugen.

Brettl-im-blog rät der Partei, die sich in unserem Staat über 150 Jahren große Verdienste erworben hat – eine Würdigung, die in der jüngsten Vergangenheit weit häufiger aus dem Munde des grünen Politiker Cem Özdemir als von einem Spitzengenossen gekommen ist – folgendes:

Sucht Euch, Genossen aus Eurer Jugendorganisation oder solchen, die Euch nahestehen, einen (kommt ja nicht auf die Idee, eine Frau zu nehmen) dem demnächst altersbedingt droht, das Kindergeld gestrichen zu werden. Macht ihn irgendwo zu einem Minister. Das Gehalt wird das Kindergeld doch leicht aufwiegen. Baut ihn auf. Zielrichtung wird sein, das in 7 Jahren zu konterkarieren, was er in seiner Ministerzeit mitgetragen hat. Dann habe ihr einen Kandidaten, der wirklich Chancen hat, Kanzler zu werden. Und was man dann nicht vergessen darf, noch ein Rat: Vielleicht doch die Farbe wechseln. Kurz hat sich für Türkis statt Schwarz entschieden. Obwohl Türkis ist selbst eine Mischfarbe. Vorsicht, man sollte wissen: etymologisch stammt Türkis vom „Türkenstein“ ab. Weiß Sebastian Kurz das?

Veränderungen in den politischen Kräfteverhältnissen haben zwangsläufig Folgen für das Verhalten von Politikern. Es kann von einem starren Festhalten an alten Positionen bis hin zum Umfallen reichen. Kontrahenten im Wahlkampf müssen plötzlich neu als Koalitionspartner gedacht werden. In solchen Situationen stellt sich immer die Frage

Wer ist hier der Judas?


Der Kuss des Judas von Giotto (Fresco in Padua)


EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker begrüßt Sebastian Kurz, Österreich


Maria Flachsbarth CDU, Stephan Weil SPD, Bernd Althusmann CDU
Quelle: Hannoversche Allgemeine Zeitung, Freitag, 27. Oktober 2017 S. 8 / FOTO: DPA

Das besonders heftige Ringen in den Wochen und Monaten nach der Wahl führt nach Beobachtungen von brettl-im-blog zu einem Wettstreit der Wortspiele, vor allem, wenn sich die Politiker sich und ihre Erfolge in der Öffentlichkeit präsentieren. In Niedersachsen ist nach Informationen von brettl-im-blog dafür eine neue Form der politischen Darstellung gefunden worden und zwar den

Koalitionären Poetry Slam

Es kann kein Zufall sein, dass in den Tagen der ersten Sondierungsgespräche Ende Oktober 2017 zur Bildung einer Regierungskoalition in Niedersachsen auch der Poetry Slam, also der Wettbewerb der Wortspiele in Hannover stattfand. Es ging um nichts weniger als die Deutsche Meisterschaft. So ist es nicht verwunderlich, dass auch die politischen Verhandlungspartner sich anscheinend der Slam-Sprache angepasst haben, wie der erste Entwurf einer SPD-Gesprächs-Notiz belegt, die brettl-im-blog natürlich wieder nicht vorliegt. Irgendeine Assistentin oder ein Assistent hat dies verbernt, verzüricht oder vielleicht auch verbaselt. Deshalb zitieren wir nach dem voraussichtlich so geschriebenen Wort:

Im Gespräch mit Liberalen
Quollen die Qualen
Das Gespräch mit dem Christ
war auch nur ein Mist
Allein mit dem Grün
Kann rot schön erblüh‘n
Rot wartet auf Gesten
Gib’s noch ne Frau Twesten?
Oder nen Schwager
aus dem anderen Lager
Wir woll‘n uns erbarmen
Mit offenen Armen

 

Übrigens: in der Regel bewertet das Publikum die Beiträge der Teilnehmer durch lauten Beifall oder durch das Zuwerfen von Blumen. Machen Sie sich bitte keine unnötige Mühe. Brettl-im-blog verfügt nicht über die erforderliche Anzahl von Blumenvasen.

Ein Ereignis, das hinsichtlich der Bedeutung ein weit größeres historisches Gewicht hat, weil es unsere Welt in einem weit größeren Ausmaß verändert hat als es die gegenwärtigen Koalitionsfragen vermögen, ist die gerade so ausführlich gefeierte Reformation. Wie Teile der katholischen Kirche dazu stehen und welche ausgeklügelten Konsequenzen sie daraus ziehen könnten, malt brettl-im-blog nachfolgend an die Kirchen-Wand:

Sensationelle Reformationsideen der Katholischen Kirche

„Gott sei Dank“, hört man in diesen Tagen hinter den dicken Mauern des Vatikans aufseufzen. Gott sei Dank, ist der Spuk um die 500 Jahre seit Luther vorbei. Fast ein Jahr lang musste man 2017 gute Miene zum damals bösen Spiel machen. So ist es nicht verwunderlich, dass sich gerade in diesem Jahr der Widerstand gegen das, was man inzwischen Reformation nennt, letztlich aber das Werk von Ketzern bleibt, erheblich verstärkt hat. Es gibt genügend Kräfte, die das Alte wieder zurück wollen, aber wie? Diese Frage zu lösen, hat man inzwischen einer weltweit agierenden Marketingagentur übertragen. Diese verfolgt den Ansatz, den alten Wein in möglichst neuen Schläuchen zu verkaufen. In der Konzeption des Beratungsunternehmens rückt das Bußwesen, das ein zentraler Anlass für Luthers Aufbegehren war, in den Fokus. Und hier wiederum ist es in erster Linie die Beichte und deren organisatorische Ausgestaltung.

Brettl-im-blog liegen hand- und fußfeste Beweise auf der Ebene der Vermutungen vor, die wir aufgrund unseres satirischen Gewissens nicht mehr zurückhalten können.

Der Vatikan soll insgesamt von den präsentierten Vorschlägen sehr angetan sein, zumal sie in bewährten Art und Weise Religion und Ökonomie miteinander verbinden. Ein Beispiel für das Geschick, längst Überholtes heute doch wieder an den Mann und an die Frau zu bringen, ist das konkrete Projekt mit dem Titel „Sündenterminal“. Hier werden auf geradezu geniale Weise, man könnte auch sagen, teuflische Weise, wenn die Ideen nicht am Heiligen Stuhl gehandelt würden, moderne digitale Technik mit dem mittelalterlichen Ablasshandel verknüpft. Als Kooperationspartner hat man wiederum einen weltweit agierenden Software Giganten gewonnen, eine Sünden App zu entwickeln.

Vorgabe ist es, die von den Menschen begangenen Sünden über einen sich jeweils anpassenden Strichcode erfassbar zu machen. Der traditionelle Beichtstuhl wird dann zu einer Art Sündenterminal, in dem mit Hilfe eines Scanners die Schuld des Beichtenden errechnet wird. Um all den schädlichen Assoziationen, die sich um das Geld in der Kirche gebildet haben, – wie z.B. die Vertreibung der Geldwechsler aus dem Tempel oder der Spruch „wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Feuer springt.“ – geht die Entwicklung hin zur bargeldlosen Begleichung mit Hilfe einer Scheckkarte. Diese gibt das „Istituto per le Opere di Religione“ zu deutsch „das Insitut für religiöse Werke“, oder schlicht und einfach „die Vatikanbank“ aus.

In Kreisen der Kirchenorganisation wird nicht verholen, dass eine solche technische Lösung der dünner werdenden Personaldecke an Priestern entgegenkommt.

Solche Ideen, die über eine Gegenreformation hinausgehen und schon die Dimensionen einer Gegenrevolution erreichen, brauchen Umsetzungsstrategien, die an der gegenwärtigen Realität ansetzen. Zur gegenwärtigen Realität gehört auch die politische Machbarkeit unter den bestehenden Regeln. Dabei sind auch ganz praktische Fragen zu klären.

Wo ist der Strichcode anzubringen, auf der Stirn oder irgendwo am Körper versteckt? Überlegungen der katholischen Kirche, aktiven Katholiken – das sind die, die noch Kirchensteuern bezahlen – die Platzierung (auch an unsichtbaren Stellen) selbst zu erlauben, den anderen aber auf die Stirn zu schreiben, scheinen an den Datenschützern zu scheitern. Die Gewerkschaften wiederum wollen Sünden, die während der Arbeitszeit begangen wurden, von denen unterscheiden, die in der Freizeit ihren Ursprung haben und verweisen dabei auf die „Täuschungen im Dienst“, wie z.B. in der Automobilindustrie. Die Sozialdemokraten wollen bei der Aufrechnung der Sünden ein besonderes Augenmerk auf die Gerechtigkeit – vor allem bei den kleinen Leuten legen und die CDU und CSU verweisen darauf, dass ihre Mitglieder durch das „C“ im Parteinamen von vornherein sündenfrei seien.

Kirchenintern werden Überlegungen zur Qualifikation der Kassierer an den Sündenkassen angestellt. Müssen es ausgebildete Priester sein, müssen diese im Zölibat leben, ist es denkbar, damit auch Frauen zu betrauen oder vielleicht auch Aushilfskräfte im Rahmen eines 450 Euro Jobs? Also Fragen über Fragen, die eines allerdings ganz deutlich machen:

Es gibt noch viel zu tun. Die Kirche hat und lässt sich dabei dann allerdings auch viel Zeit. Brettl-im-Blog versucht, die Entwicklung, so lange es irgendwie geht zu verfolgen.

Wahlen und kirchliche Jubiläen sind nicht die einzigen Themen, die unsere Gesellschaft bewegen. Es gibt ganz andere Fragen, die gegenwärtig im Vordergrund stehen. So z.B. der Videobeweis. Aber auch hier lässt sich eine Verbindung zu dem Bildungsauftrag, dem sich Satire gelegentlich verschreibt herstellen. Brettl-im-blog versucht dies durch die ultimative Forderung nach dem

Videobeweis in der Politik

 

 

Brettl im Blog fordert, den Videobeweis in die Politik einzuführen. Insbesondere für spielentscheidende Szenen, wie z.B. bei Wahlversprechen und andere politische Debatten.

Ein Expertenteam in Berlin hat die Möglichkeit, aber auch die Pflicht, bei offensichtlichen Regelverstößen einzugreifen. Die öffentlich zugängliche Zeitlupe überlässt dem Wähler die Entscheidung, ob ein Verstoß vorliegt oder nicht.

Erste Stellungnahmen des Urältesten Rats des Deutschen Bundestages lassen bei den aktiven Politikern massiven Widerstand erkennen. Wer will schon an den eigenen Worten gemessen werden anlässlich derer nicht garantierbaren Haltbarkeit. Sie verweisen auf schon bestehende kritische Instanzen. Die CDU aber auch die SPD weist auf den Karneval und die CSU auf das Derblecken auf dem Nockherberg hin. Die Grünen fordern nach dem Scheitern des veggie days nun, dafür einen Ehrlichkeitstag pro Jahr. Die evangelische Kirche meint dies mit einem Bußtag ausgleichen zu können. Eine ökumenisch gemeinsame Lösung ist nicht zu erwarten, da die katholische Kirche sich nicht die Waffe der Buße freiwillig aus der Hand bzw. den Händen der Priester nehmen lassen will. Der Deutsche Gewerkschaftsbund geht einen anderen Weg und fordert auch für Sünder die 35-Stunden Woche.

Ein Kommentar

  1. Glückwunsch: Beide Beiträge im brettl-in-blog (statt brettl-vorm-kopf) haben mir sehr gefallen: kurz, prägnant, mit Gedichtl oder Fotos (Koalitären Poetry Slam und Sensationelle Reformationsideen).

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